Beschluss: Zurückgestellt

Die seitliche Einfriedung ist zu einem großen Teil im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Krakenwiese“ geplant. Die rückwärtige Einfriedung soll vollständig außerhalb des Geltungsbereichs errichtet werden.

 

Das Verfahren der isolierten Befreiung kommt dann zur Anwendung, wenn ein Vorhaben an sich zwar nach Art. 57 BayBO verfahrensfrei ist, aber gegen die Festsetzungen eines Bebauungsplans verstößt.

Gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 7a BayBO sind „… Einfriedungen mit einer Höhe bis zu 2 m, außer im Außenbereich, …“ verfahrensfrei.

Laut Bebauungsplan „Krakenwiese“ darf der rückwärtige Teil der Grundstücke zwar eingefriedigt werden; die Höhe der Einfriedungen darf aber nur 1,50 m betragen.

Deshalb hat gemäß Art. 63 Abs. 3 BayBO die Gemeinde „… über Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans …“ zu entscheiden.

Sie kann – und muss – Befreiungen zulassen, „… wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange, mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 (BayBO) vereinbar sind; …“

Dieser sagt aus: „Anlagen sind unter Berücksichtigung der Belange der Baukultur, insbesondere den anerkannten Regeln der Baukunst, so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zuhalten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden.“

 

Was ist hier konkret geplant?

Der Zaun soll aus einem Flechtwerk aus Fichtenholz bestehen und 2 m hoch werden.

Er wird also die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit ebenso wenig gefährden, wie die natürlichen Lebensgrundlagen.

 

Ist er aber „mit dem Zweck der Anforderung“ (Höhe maximal 1,50 m) zu vereinbaren?

Als der Bebauungsplan „Krakenwiese“ im August 1973 aufgestellt wurde, mag man noch das Bild vor Augen gehabt haben, dass sich der Häuslebauer nach getaner Arbeit mit seinem Nachbarn, der ihm zuvor den ganzen Tag geholfen hat, im Garten zu einem Feierabendbier zusammensetzt.

Die Zäune hätten auch deshalb nicht zu hoch werden sollen, weil man sich sonst nicht „über den Zaun“ miteinander unterhalten kann.

Und schon gar nicht hätte man sich über einen 2 m hohen Zaun gegenseitig mit den ein oder anderen Werkzeug aushelfen können.

Ja, so mag man sich das „in der guten alten Zeit“ vorgestellt haben. Aber die Zeiten haben sich eben – das kann man bedauern oder nicht – geändert. Und die Gesellschaft verändert sich ständig.

Heutzutage wird eben mehr Wert auf die Privatsphäre gelegt.

Der Gesetzgeber hat das berücksichtigt, indem er Einfriedungen mit einer Höhe von bis zu 2 m als verfahrensfrei (früher hieß das genehmigungsfrei) eingestuft hat.

Und das kann auch im Hinblick auf eine fast 45 Jahre alte Festsetzung im Bebauungsplan „Krakenwiese“ durch die Gemeinde Sailauf nicht unberücksichtigt bleiben.

Diese Festsetzung ist offensichtlich nicht mehr zeitgemäß. Der damalige Zweck der Anforderung ist somit entfallen und kann deshalb nicht die Begründung für eine Ablehnung sein.

 

Zwar bestand nach kurzer Beratung im Gremium grundsätzlich Einverständnis mit dem geplanten Vorhaben. Jedoch gab an dieser Stelle einer der Gemeinderäte einen wichtigen Hinweis, der das Vorhaben in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt:

Der rückwärtige Bereich des Grundstücks sei vor einiger Zeit mit etwa 1,60 m hohen L-Steinen „abgefangen“ und aufgefüllt worden. Wenn darauf zusätzlich noch ein 2 m hoher Sichtschutzzaun angebracht werde, sei das eine deutliche Einschränkung für die betroffenen Nachbarn. 

 

Wie der Baureferent erläuterte, gebe es in den eingereichten Unterlagen keinen Hinweis auf die beschriebene Geländeveränderung. Hierzu werde die Verwaltung zunächst zusätzliche Informationen einholen. Sollte sich der Sachverhalt bestätigen, handele es sich insgesamt nicht mehr um ein verfahrensfreies Vorhaben, da die Stützkonstruktion im Zusammenhang mit dem nun beantragten Sichtschutzzaun betrachtet werden müsse und die Gesamthöhe weit mehr als die - oben angeführten - verfahrensfreien 2 m betrage.