Beschluss: Einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 13, Nein: 0, Anwesend: 13

Von 1992 bis heute sind für den Geltungsbereich des Bebauungsplans „Felgen / Hirtenwiese“ insgesamt 51 sogenannte „Bausachen“ (von Sichtschutzzaun und Gartengeräteschuppen über Gebäudeerweiterungen bis zum Neubau eines Fünffamilienwohnhauses) durch die Bauverwaltung geprüft und im Ausschuss oder im Gemeinderat behandelt worden.

 

Davon entsprachen lediglich 5 dem Bebauungsplan. Demgegenüber bedurften 46 Anträge - also über 90 % - mehr oder weniger umfangreicher Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Sei es von der Art der baulichen Nutzung, den Baugrenzen, der Wandhöhe, der Dachform oder -neigung, der Anzahl der Wohneinheiten oder einer anderen Festsetzung. In Anbetracht des Alters des Bebauungsplans (Genehmigung am 04. November 1963) kann das auch kaum verwundern.

 

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst 77 Wohnbaugrundstücke, von denen derzeit nur 5 unbebaut sind. Außerdem gilt er für 7 Gewerbegrundstücke, die alle mehr oder weniger dicht bebaut sind. Zwei der Gewerbegrundstücke werden bereits seit mehreren Jahrzehnten nur zum Wohnen genutzt.

 

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der Bebauungsplan „Felgen / Hirtenwiese“ auch die Bebauung der Grundstücke Engländerstraße 1, 30 a,b und c, 32 und 58, Forsthausweg 2 und Frühlingstraße 2 und 2a  regelt. Außerdem verschiedene Grünflächen entlang der Aschaffenburger Straße und der Engländerstraße. Auch entlang der Felgenstraße gibt es Festsetzungen zu Grünflächen. Eine davon sollte wohl eine Kapelle und einen Turm einrahmen. Die seinerzeit beteiligten Gremien mögen hierfür ihre Beweggründe gehabt haben. Aus heutiger Sicht sind diese aber nicht mehr nachvollziehbar.

 

Die aufgezählten Fakten deuten darauf hin, dass der Bebauungsplan unwirksam ist, weil er seinen Zweck nicht mehr erfüllt und somit funktionslos ist. Schließlich dürfen Befreiungen und Ausnahmen von den Festsetzungen schon im Wortsinn nicht die Regel sein. In Anbetracht des Verhältnisses von 46 zu 5 sind sie es hier aber. Wie übrigens auch im Geltungsbereich mehrerer anderer Bebauungspläne, wenn auch vielleicht nicht ganz so extrem. Nicht zu Unrecht hat die Baugenehmigungsbehörde im Landratsamt immer wieder den zu großzügigen Umgang mit Befreiungen durch die Gemeinden kritisiert und Konsequenzen angemahnt.

 

Anstatt die Tatsachen außer Acht zu lassen und einfach so weiterzumachen, hatte der Gemeinderat nicht zuletzt wegen der dringenden Hinweise des Landratsamts schon vor einiger Zeit beschlossen, die Anwendbarkeit unserer Bebauungspläne prüfen zu lassen. Als Folge werden derzeit die Bebauungspläne „Sodenäcker“ und „Erlenbornstraße“ überarbeitet.

 

Im Fall des Bebauungsplans „Felgen / Hirtenwiese“ hält die Verwaltung eine Überarbeitung und Aktualisierung jedoch nur für die zweitbeste Lösung und empfiehlt stattdessen seine Aufhebung.

 

Nun könnte man als Folge der Aufhebung ungeordnete Zustände im Sinne von „Dann kann da ja jeder machen, was er will!“ befürchten. Dies kann jedoch nicht passieren, denn zukünftig würde noch immer der § 34 BauGB gelten. Weil sich demnach alle Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müssen und grundsätzlich das Rücksichtnahmegebot und das Verunstaltungsverbot gelten, kann kein sogenannter „Wildwuchs“ entstehen.


Beschluss:

 

Der Gemeinderat beschließt, den Bebauungsplan „Felgen / Hirtenwiese“ aufzuheben.

 

Der Gemeinderat ermächtigt die Verwaltung, das Büro Bernd Müller Architekten aus Rothenfels mit den erforderlichen Leistungen zur Durchführung des Verfahrens zu beauftragen. Die Abrechnung soll – wie bei den Bebauungsplanänderungen – nach Aufwand erfolgen.